Fleckenteufel

Autor: Heinz Strunk

Fleckenteufel ist nun schon der dritte Roman, den Heinz Strunk innerhalb ungewöhnlich kurzer Zeit veröffentlicht hat. Das Cover gibt Aufschluss darüber, warum er jetzt und nicht später erscheinen durfte, handelt es sich doch auf den ersten Blick um ein Trittbrettfahrerwerk. Die vom Verlag vermutlich als verkaufsfördernd veranschlagte Anspielung auf Charlotte Roches fulminant eingeschlagene Feuchtgebiete ist unübersehbar. Und auch der zweite Blick lässt erahnen, dass Strunks Vorhaben tatsächlich eine Parodie auf den von der Öffentlichkeit thematisierten neuen Mut zum offenen Umgang mit Körperlichkeit und dem damit moralisch oder instinktiv verbundenem Ekel gewesen sein könnte, diesmal allerdings aus jungmännlicher Sicht. Aber all dem Unübersehbaren zum Trotz: Dieses Buch hat Anbiederei nicht nötig, nicht einmal die sonst so edle der Parodie. Fleckenteufel steht für sich. Und doch dürfte auch dieses Buch missverstanden werden, vielleicht wollten Autor und Verlag es auch nicht anders. Wer hier nur Pennäler- und Fäkalhumor vermutet, dem sei dies gegönnt, so es denn gefällt oder im anderen Fall zu selbstgerechter Ablehnung verleitet. Bitteschön. Schon in Strunks Erstling Fleisch ist mein Gemüse allerdings lässt sich unübersehbar erkennen, wie nahe sich universelle Komik und individuelle Tragik kommen können, wenn man das nötige Sensorium dafür hat. Strunk hat es, wie er in Fleckenteufel erneut beweist. Hinter all dem Pupsen und Onanieren bevölkern tragische Figuren die Scharbeutzer Familienfreizeit, die der Erzähler mit scharfem Blick und ebensolcher Zunge obduziert und deren zuweilen verkrachtes oder heuchlerisches Innenleben bloßlegt, ohne dabei von seinen eigenen Schwächen abzulenken, die vielmehr Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sind. Alle Figuren sind hier irgendwie wahre Figuren. Es kommt einem so vor, als kenne man sie und als seien sie nicht einem Buch als Kunstfiguren entsprungen, sondern gerade erst auf der Straße an einem vorbeigelaufen – oder eben auf dem Nachbarklo gesessen – und man hätte ihren menschlichen Duft noch in der Nase. Hinzu kommt, dass der Protagonist selbst auch nur deshalb sympathisch ist, weil er ein realistisches Maß an unsympathischen Zügen mitbekommen hat. Um beispielsweise selber nicht als der Außenseiter Nr. 1 wahrgenommen zu werden, wünscht er sich nichts sehnlicher, als den in seinen Augen noch wunderlicheren Detlef bloßgestellt zu wissen, woraus sich einer der vielen Running Gags ergibt, die andernorts bisweilen gar als Leitmotive durchgehen könnten.

Dieses Buch ist lesenswert! Schade, dass es nach 220 Seiten bereits vorbei geht. Dafür aber erfüllt sich ein Herzenswunsch von Thorsten Bruhns quasi auf den letzten Zentimetern. Glückwunsch! Glückwunsch auch an Heinz Strunk, der eine Bereicherung für die zeitgenössische deutschsprachige Literatur ist, gerade weil er das komische Fach beherrscht, das ohne menschliches Mitgefühl für die Tücken des Lebens nicht auskommt.

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